Afghanische Winter-Olympiade, TED-Talks, Marathonläufe am Hindukusch und Frauen-Radrennen in der Wüste: Reiseveranstalter Untamed Borders zeichnet sich aus durch unkonventionelle Touren und Sportveranstaltungen in exotischen Destinationen, die man in den üblichen Reisekatalogen wohl vergeblich sucht. Ein guter Grund für ein kleines Gespräch mit Matthew Traver von Untamed Borders:
Afghanistan. Somalia. Pakistan. Untamed Borders organisiert individuelle Abenteuerreisen in Weltregionen, die oftmals als unzugänglich und unsicher gelten. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen, solche Touren anzubieten? Was ist euer Hintergrund dafür?
Untamed Borders wurde 2007 gegründet, nachdem Gründungsmitglied James Willcox Zentralasien bereist hatte. Zwei seiner Freunde, ein Afghane und ein Pakistani, arbeiteten zu der Zeit als freiberufliche Übersetzer und Guides für Journalisten, Fotografen, Forscher, Filmemacher und auch gelegentliche Touristen. James entwickelte für seine beiden Freunde eine Website, über die diese ihre Dienstleistungen anbieten konnten: Untamed Borders hieß die Seite. Aus diesem erfolgreichen Projekt entwickelte sich rasch aufgrund wachsender Nachfrage die gleichnamige Reisegesellschaft. Zuerst lag der Fokus eher auf kulturelle Ausflüge, erst in den letzten Jahren wurde der Event- und Expeditions-Charakter im Programm verstärkt ausgebaut.
Destinationen wie Afghanistan leiden noch immer unter erschwerten Sicherheitsbedingungen. Welche Vorkehrungen trefft ihr, um Reiseteilnehmer vor unliebsamen Überraschungen zu schützen? Was sind eure speziellen Kenntnisse, um die Sicherheit einer Reisegruppe zu gewährleisten?
Für alle unseren Touren bewerten wir die Wahrscheinlichkeit und Größe der verschiedenen Risiken für unsere Gäste sehr genau. Falls die Risiken zu groß erscheinen, arbeiten wir gezielt an einer Änderung der Route und schaffen mithilfe hauseigener Mittel und Kontakte eine sicherere Variante. Bei Expeditionen in abgelegene Regionen checken wir vorab täglich das Wetter und die Sicherheitslage vor Ort mithilfe von eigenen Satellitentelefonen. Dabei hilfreich sind auch unsere gut ausgebildeten Bergführer aus der Region und wir legen Wert auf eine ausführliche Checkliste für Equipment und Lebensmittel. In Regionen mit erhöhter Wachsamkeit wie Afghanistan erkundigen wir uns täglich – auch während der Tour – bei den zuständigen Stellen über die wechselnde Sicherheitslage. Wir haben eine Menge Erfahrung mit diesen Expeditionen und auch unsere lokalen Guides können mit überraschenden Situationen sehr gut umgehen.
Untamed Borders organisiert auch Recherchereisen für Journalisten in eher unsicheren Ländern wie Pakistan. Wie läuft so eine Kooperation ab?
Das wäre eine sehr große Verallgemeinerung, wenn man Pakistan generell als gefährlich beschreiben würde. Einige Regionen wie Belutschustan und FATA sind in der Tat sehr gefährlich, aber auf der anderen Seite haben Provinzen wie Hunza oder Baltistan niemals terroristische Übergriffe oder gar Anschläge erfahren. Wenn uns professionelle Medienleute kontaktieren, dann setzen wir uns zusammen und sehen, was wir tun können. Wir können ebenfalls bereits vor Ankunft des Medienteams eine Recherche starten und nur oft genug gibt es dann bei diesen Reisen genug unvorhergesehene Pläne und Wünsche, auf die wir dann vor Ort eingehen.
Untamed Borders ist Experte im Bereich Extremtourismus. Welche Art von Leuten wollt ihr anziehen? Welche Fähigkeiten, Fitness oder Kenntnisse sollten Teilnehmer mitbringen?
Wir nutzen nicht wirklich den Begriff Extremtourismus. Leute reisen in diese Regionen, um sich neue Länder anzusehen und wir helfen ihnen dabei. Also versuchen wir solche Verallgemeinerungen wie den Begriff Extremtourismus zu vermeiden. Bei den maßgeschneiderten Touren in unserem Programm hängt es tatsächlich vom Interesse des Teilnehmers ab. Im Einzelfalle besprechen wir vorab, was dem Kunden in der Vergangenheit bereits gefallen hat, was gewünscht wird und dann organisieren wir den passenden Trip. Wenn jemand Architektur mag und sich nicht für Landschaften begeistern kann, dann werden wir mit Sicherheit keine Jeep-Tour in die Berge vorschlagen. Wenn jemand Interesse an Menschen und fremden Märkten hat, dann werden wir die Zeit für Museumsbesuche reduzieren. Für einige Expeditionen aus unserem Programm ist natürlich eine gewisse Grundfitness vonnöten, aber das werden wir dann im Einzelfall mit dem Kunden besprechen.
Die klimatischen Verhältnisse in Regionen wie Pakistan oder Nordindien können rau sein. Welches Equipment sollten Teilnehmer mitbringen? Sind irgendwelche Survival-Kenntnisse vorteilhaft?
Für alle unsere Trips versenden wir vorab eine ausführliche Equipment-Liste. Das hängt im einzelnen sehr von den verschiedenen Touren ab. Manchmal ist die Liste sehr lang, das andere mal sehr kurz. Bei Gästen, die an unseren fest terminierten Reisen teilnehmen, ist Verpflegung und Ausrüstung inkludiert. Zudem ist der Bergführer in Erster Hilfe ausgebildet, die Gruppe mit Notfallausrüstung versorgt und auch für alle Fälle ein Satellitentelefon dabei. Also sind keine besonderen Kenntnisse in der Überlebenstechnik erforderlich.
Nach welchen Kriterien werden die Destinationen ausgewählt? Wie wird die Logistik vorbereitet?
Bei den festgelegten und maßgeschneiderten Touren wählen die Kunden ein Angebot aus, wir haben dazu verschiedene Destinationen im Programm. Bei der Logistik arbeiten wir mit Jeeps, Ausrüstung, Guiding und Unterkunft in bewährter Manier in jedem unterschiedlichen Land, das wir im Programm führen. Natürlich ist die Vorbereitung in einigen Regionen etwas aufwendiger, aber letztendlich besteht unsere Aufgabe hier immer wieder in der gleichen Herausforderung: Business Transaction.
Vielen Dank für das Gespräch.
© Interview von Ralf Falbe 11/2017. © Foto by Untamed Borders 2017.