Mountainbiking in den Alpen

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    Regenwolken ziehen vorbei. Die Sesselbahn zieht unsere Gruppe Freerider beinahe lautlos auf eine Höhe von 1.842 Meter, während die Mountainbikes hinten in den Gondeln eingeklinkt mitreisen. In der Ferne hört man Kuhglocken scheppern und die klare Bergluft sorgt für tiefes Wohlbefinden in den gestressten Großstadtlungen.

    Dann taucht die Bergstation von Naraus im Nebel auf und die sommerlichen Temperaturen verabschieden sich abrupt. Guide Marco gibt letzte Anweisungen vor dem TREK Runcatrail und warnt noch einmal ausdrücklich vor losem Gestein in den Steilkurven: „Haltet Euch unbedingt im oberen Bereich der Steilwand!“ Von da an gibt es kein Zurück mehr – entschlossene Gesichter in der Gruppe zeugen vom Abenteuergeist.

    Nach wenigen Metern die erste Schikane in dieser imposanten Bergwelt: Steilwandkurven in scheinbar endloser Abfolge schmiegen sich in den grünen Hang. Erstes Aufkreischen der Bremsen, angespannte Oberkörper schütteln sich. Es wird warm trotz eher herbstlicher Temperaturen in dieser Höhe. Dann eine erste Verschnaufpause und Guide Marco erläutert den weiteren Ablauf, gibt Tipps für die richtige Körperhaltung bei den nächsten Herausforderungen: „Fahrt im Stehen, haltet die Pedale unbedingt waagerecht, sonst setzt ihr in den Kurven auf!“

    Es folgt ein Streckenabschnitt mit starkem Gefälle, der sprichwörtlich über Stock und Stein führt. Die rasante Abfahrt kostet Kraft und schon bald schmerzen Oberschenkel und auch Waden von der ungewohnten Belastung. Mit großer Konzentration werden kleine Holzbrücken bezwungen und wilde Bergbäche überquert. Für die beeindruckende Landschaft bleibt kaum ein Blick, zu sehr nimmt jeden Mountainbiker die einzigartige Piste in Anspruch.

    Dann eine weitere Verschnaufpause und alle atmen tief durch. Was folgt, ist eine weitere Herausforderung für Wirbelsäule und Muskulatur: Mehrere kleine Schanzen und schmale Holzbrücken müssen bewältigt werden. Achterbahnfeeling kommt auf. Für Könner wie Marco eine willkommene Gelegenheit für extrovertierte Sprünge, während andere eher defensiv vorgehen.

    Alle Hindernisse wie Wallrides, Northshore-Elemente oder Drops können auch auf den sogenannten Chicken Lines umfahren werden. Nach wenigen Minuten folgt ein Streckenabschnitt mit mehreren hölzernen Steilkurven, die in drei verschiedene Schwierigkeitsgrade eingeteilt sind. Die Reifen der Bikes schießen in die Kurve, jetzt bloß nicht kneifen. Links gähnt der Abhang, vor der Gruppe zeigt sich nun der letzte Pistenabschnitt mit zerklüfteten Felsformationen.

    Erschöpft rollt der Tross den Hang hinab, vorbei an grünem Dickicht und grasendem Vieh. Dann stolzes Abklatschen und strahlende Gesichter: Wir haben es geschafft, sechs Kilometer Flow Country Trail mit beeindruckenden Schikanen und einen Höhenunterschied von rund 700 Metern gerockt. Zur Belohnung lockt ein erfrischendes Bad im türkisgrünen Caumasee. Viva!

    Gut zu wissen:

    Der TREK Runcatrail bei Flims Laax Falera in der Schweiz gilt mit einer Länge von insgesamt 6 km als einer der längsten dieser Art in Europa. Ausgezeichnet von der IMBA (International Mountain Bicycling Association) mit dem Titel „Flow Country Trail“. In der benachbarten Freestyle Academy können ganzjährig und wetterunabhängig neue Tricks und Sprünge geübt werden. Die Region bei Chur ist bekannt für beeindruckende Natur mit vielen Freizeitaktivitäten wie Wandern, Klettern, Skifahren, Rafting, Mountainbiking. Info: www.flims.com

    © Foto und Text by Ralf Falbe (Erstveröffentlichung 07/2014). Abdruck im Bieler Tagblatt 10/2014. Mit freundlicher Unterstützung durch örtliche Stellen.