Fischfang unter Segeln

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    Auf der Seekarte finden sich Namen wie Wreck Head oder Cape Disaster, die bei dem durchreisenden Fahrtensegler zumindest ein Stirnrunzeln verursachen. Der philippinische Archipel zählt zu einem der anspruchsvollsten Segelreviere in Fernost, bedingt durch überraschende Tiefdrucksysteme in der Taifun-Saison, tückische Gewässer mit Untiefen und Korallenriffen sowie Anachronismen wie Piraterie und Lösegelderpressungen. In die Schlagzeilen der lokalen Presse schaffte es aber nicht nur ein deutsches Seglerpaar, das 2014 vor Palawan entführt und anschließend in die Sulu-See verschleppt wurde. Im Frühjahr 2016 fanden Fischer vor Siargao Island ein Geisterschiff unter deutscher Flagge, das führungslos im Pazifik dümpelte. Der deutsche Skipper, auf Weltumsegelung mit seiner Yacht unterwegs, hatte offenbar einen Herzinfarkt erlitten und konnte nur noch tot geborgen werden. Südseegeschichten, vom Klabautermann geschrieben.

    Fischer sind es auch, die mit ihren bunt dekorierten Auslegerbooten polynesischer Bauart – Polynesier gelten als die größten Seefahrer aller Zeiten – den widrigen Bedingungen des Archipels trotzen, um ihre Familien zu ernähren. Gefangen werden Thunfisch, Schwerfisch, Goldmakrele, Barrakuda, Tarpon sowie verschiedene Hai-Arten, zumeist mit Schleppangeln und Netzen. Auf weit abgelegenen Riffen und im tiefen Blauwasser lassen sich kapitale Burschen jagen – auch manchmal mit Hilfe von Dynamit oder Harpunen. Zähe Insulaner sind da nicht so zimperlich, wenn es gilt, den Bauch zu füllen.

    Urzeitliche Methoden und kiellose Boote muten archaisch an, aber Filipinos sind Meister in der Handhabung ihrer einfachen Fangwerkzeuge. Viele der pazifisch-asiatischen Auslegerboote – auf den Philippinen Bangka genannt – sind heute mit einem Dieselmotor betrieben, aber es finden sich immer noch Boote mit einem einfachen Segelrigg: Die verwendeten Krebsscherensegel eignen sich hervorragend bei Anwindkursen. Der schmale Holzrumpf läßt sich einfach warten und leicht an jeden Strand ziehen. Dort werden auch die Netze gelagert und geflickt, die bei der oft nächtlichen Fangfahrt – die Seeleute können virtuos mit ihren Pumpbooten und Segel-Bangkas umgehen – mitgeführt werden.

    Barometer und Instrumente sind eher Mangelware: Einheimische Fischer halten sich an einfache Beobachtungstechniken, um anrückende Taifune zu erkennen. Es sind vorwiegend nördliche Winde, die sich stetig verstärken, auf die geachtet werden muss. Ein auffallend klarer Himmel, verbunden mit ungewöhnlich guter Sicht, sollte misstrauisch machen. Ein dünner Cirrus ist ein Warnsignal, aber auch in der Jahreszeit ungewöhnliche Niederschläge können das Anrücken eines Sturmfeldes verkünden. Gerade die Monate September und Oktober gelten als Zeit der „Killerstürme“. Im Ernstfall gilt es, in einer Bucht oder am Strand Schutz zu suchen oder aber möglichst viel Abstand zum Sturmauge zu gewinnen, den Taifun auszumanövrieren. Auch Naturhäfen wie Looc Bay auf Tablas oder Puerto Galera an der Nordküste von Mindoro bieten Schutz vor Taifunen und viel Platz zum Lavieren. Schlupflöcher in dem weit verzweigten Archipel lassen sich von den erfahrenen Seeleuten mit ihren Auslegerbooten immer finden. Durchreisende Yachties haben schon wertvolle Informationen gewinnen können.

    Eine besondere Herausforderung stellen die vielen Korallenriffe – traumbunte Zerbrechlichkeiten – dar, die jeden Holzrumpf unversehens aufschlitzen können. Auch wenn diese schillernden Paradiesgärten nur 0,1 Prozent des Meeresgrunds bedecken und viele davon bei der globalen Bleiche von 1998 beschädigt wurden. Tropische Gewässer sind eher arm an Nährstoffen, aber Korallenriffe zählen zu den artenreichsten Gebieten dieser Erde.  Auf den Philippinen ein Labyrinth aus über 7.000 Inseln und 34.000 Quadratkilometern – der zweitgrößte Archipel der Welt nach Indonesien – in den Weiten des indopazifischen Ozeans, über das auch die Naturschützer der einheimischen Haribon Foundation wachen. Und Millionen von Menschen wohnen in der Nähe und nutzen dieses biologische System als Fischgründe.

    Bei der Arbeit am Riff gilt es, auf giftige Meerestiere zu achten, die sich in den Netzen verfangen können. Seeschlangen genießen hier einen besonders schlechten Ruf, aber auch Zitterrochen und Rotfeuerfische sind schon einigen Fischern zum Verhängnis geworden. Haiangriffe im Zusammenhang mit harpunierten Fischen sind belegt. Auch viele giftige Meerestiere verstecken sich zwischen den Korallen, wie etwa Kegelschnecke, Qualle oder der sehr gefürchtete Steinfisch. Barrakudas – oftmals als große Einzelgänger unterwegs – haben im trüben Flachwasser schon Fischer und Angler angegriffen.

    Marlins erreichen auf den Philippinen eine beeindruckende Größe mit einem Gewicht von bis zu 1.000 Kilogramm und Angriffe von gehakten Fischen stehen zu Buche. Die unbändige Kraft dieses riesigen Tieres – vornehmlich an der Pazifikküste des Archipels anzutreffen – macht ihn zu einem wahrhaft ernstzunehmenden Gegner für jeden Fischer. Oft gefangen mit Schleppangel, an der ein Lebendköder, Blinker oder Plastiksquid festgemacht ist. Mit einem stundenlangen Kampf ist bei größeren Exemplaren zu rechnen. Das Fleisch gilt als Delikatesse, häufig gegrillt und geräuchert als „Blue Marlin Steak“ in Restaurants an der Pazifikküste von Luzon angeboten. Gräten? Fehlanzeige.

    Tropische Tigerhaie jagen nachts ebenfalls an steilen Riffabbrüchen und Köderfische am Haken werden dankend verschlungen. Manch klapprige Einmann-Bangka – ideales Flachwasserfahrzeug in Küstennähe – wurde hier schon von einem angriffslustigen Tigerhai attackiert. Noch immer warten zahllose Geheimnisse der Tiefe auf ihre Entdeckung, verwundbar und wunderbar zugleich. Im Korallendreieck des Indopazifiks – zwischen den Philippinen, Malaysia und den Salomonen – konzentriert sich eine einzigartige Artenvielfalt der Weltmeere: Fast die Hälfte aller Korallenbänke dieser  Erde.

     

    Basiswissen:

    Unterkunft

    Manila: Santo´s Pension House, 1540 A. Mabini Street, Ermita, Manila, (632) 523-4896, E-Mail: santospension@gmail.com. Beste Budget-Option mit sauberen Zimmern (Fan, Gemeinschaftsbad) ab 700 Peso. Mit AC und Bad etwas teurer. Hier wurde selbst eine vergessene Sonnenbrille bis zur Rückkehr aufbewahrt. Mabini Pension House, 1337 A. Mabini Street, Ermita, Manila, (523) 3930, E-Mail: reservations@mabinipension.com. Saubere Zimmer (Fan, Gemeinschaftsbad) ab 780 Peso, mit AC und Bad etwas teurer. WiFi, Frühstück und nettes Management. Nebenan kann man zu guten Kursen beim Money Changer Geld wechseln. Gute Verbindung nach Manila via Istanbul mit Turkish Airlines in rund 18 Stunden.

    Wann reisen?

    Ideale Reisezeit für Outdoor-Freunde und Wassersportler ist von Dezember bis Mai, danach wird es deutlich heißer und ab Juni ist auch mit Regenfällen zu rechnen. Tropische Tiefs und Taifun-Windstärken können Landrutsche auslösen und harmlose Bäche in stürzende Wildwasser verwandeln. Der Hauptmonat für Taifune ist der September. Ab November baut sich dann wieder der Nordostmonsun auf – ein Hochdruckgebiet, das die gesamten Philippinen beeinflusst.

    Wo anklopfen?

    Philippine Department of Tourism, Kaiserhofstraße 7, 60313 Frankfurt am Main, Telefon: 069 20893, E-Mail: info@diephilippinen.de, Internet: http://www.diephilippinen.de. Informationen über die Philippinen auch in zahlreichen Blogs und Foren wie http://www.philippinenforum.net, http://www.philippine-travel.com.

    Was kostet es?

    Das Preisniveau in den ländlichen Gebieten ist weitaus niedriger als auf den touristisch relevanten Inseln wie Boracay, Bohol oder auch Palawan. Einfache Unterkünfte (ohne AC) ab umgerechnet 12 Euro, Tellergerichte im Restaurant ab umgerechnet drei Euro. Die besten Wechselkurse gibt es gleich bei der Ankunft am Flughafen von Manila. Wechselkurs: 1 Euro = 63 Peso (Stand: Mai 2018).

    Mehr erfahren

    Der ehemalige Flottenstützpunkt United States Subic Naval Base auf Luzon ist auch Ausgangspunkt für Ausflüge an die Südostflanke des Vulkans Mount Pinatubo, wo der gleichnamige Kratersee erkundet werden kann. Seit dem Rückzug der US-Streitkräfte wird die Fläche der ehemaligen Militärbasis kommerziell genutzt. Rund um die heutige Industrie- und Freihandelszone Subic Bay Freeport Zone (SBFZ) wurden Vergnügungs- und Wildparks eingerichtet, die viele einheimische Touristen anziehen. Der Tree Top Adventure Park bietet z. B. Outdoor-Aktivitäten wie Canopy oder Trekking-Touren: www.treetopadventureph.com. Im Jungle Environment Survival Training Camp kann man an Überlebenskursen oder Nachtwanderungen im Regenwald teilnehmen. Robinson-Freunde und Angler finden auf der traumhaft schönen Insel Potipot Island nahe Masinloc ihr Paradies, wo man aber ein kleines Zelt mitbringen sollte. Die nahegelegene Bataan-Halbinsel war während des Zweiten Weltkriegs heftig umkämpft und Ausgangspunkt für den Todesmarsch von knapp 80.000 alliierten Kriegsgefangenen.

    © Text und Foto von Ralf Falbe. Veröffentlichung im Sailing Journal 2018.